Auswirkungen fehlender Integration und des Islamismus auf die Sicherheit

Zusammenfassung des Vortrags von Hans-Georg Maassen auf der Veranstaltung „Berliner Kreis im Gespräch“ am 11. Mai 2019

Hans-Georg Maaßen hatte sich dankenswerterweise bereit erklärt, den Vortrag von Frau Herrmann-Marschall zu ergänzen.

Er bedauerte in seinem Statement, dass die Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörden von den Politikern nicht ausreichend wahrgenommen würden und wies darauf hin, dass die Diskussion über den islamischen Terrorismus die Beschäftigung mit dem

Extremismus in den Hintergrund treten lasse: Während Bombenanschläge die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit erregten, würden die Gefahren, die vom Extremismus ausgehen, unterschätzt, weil er leise daherkomme. Doch es handele sich beim Extremismus um ein schleichendes Gift. Extremisten seien keine „Hit-Teams“ (Terrorkommandos), sondern vermeintlich wohl integrierte deutsche Muslime.

Als er unter Otto Schily im Bundesinnenministerium gearbeitet habe, berichtete Maaßen, habe er die Integrationsvorschriften für das Zuwanderungsgesetzes erarbeitet. Doch habe er feststellen müssen, dass ihm die für die korrekte Erfüllung dieser Aufgabe die notwendige methodisch-systematische Sammlung von Daten gefehlt habe. Er habe erkannt, dass Integration keine mathematische Gleichung sei: Deutschkenntnisse und ein erfolgreich absolvierter Integrationskurs seien keine Garantie für Integration. Hier stoße das Recht an seine Grenzen. Integrationsmaßnahmen seien zum Scheitern verurteilt, wenn die Betreffenden – wie zum Beispiel Angehörige der Muslimbruderschaft – nicht unsere Werte übernehmen und teilen würden.

Ebenfalls aus eigener Erfahrung wisse er, dass ein Gespräch zwischen deutschen Regierungsstellen und der gesamten islamischen Seite nicht zustande kommen könne, weil auf islamischer Seite Ansprechpartner fehlten. Wer sich dort anbiete, spreche nur für eine jeweils kleine Gruppe. Hinzukomme, dass politisch unanfechtbare Gruppen schwer zu benennen gewesen seien; die meisten seien vom Verfassungsschutz beobachtet worden.

Wenn es um konkrete Gespräche gehe, erläuterte Maaßen, stelle sich bald heraus, dass der Islam eine in Europa weitgehend unbekannte, unverstandene Religion sei. Das Bemühen deutscher Stellen um Gespräche, endete in vielen Fällen ergebnislos, weil die Verbände nicht über Islamismus reden wollten und den gleichen ideologischen Abstand des Staates zu allen Religionen einforderten. Islamisten betrieben ein erfolgreiches Marketing und präsentierten sich als Opfer. Maaßen selber habe sich in seiner aktiven Zeit daher geweigert, bei Gesprächen über Extremismus und Terrorismus zugleich über „Islamophobie“ zu reden.

Maaßens Fazit aus seinen beruflichen Erfahrungen im Umgang mit Islamisten lautete: Es ist aussichtslos, mit ihnen zu verhandeln. Dialogveranstaltungen seien Ausdruck europäischer Erziehung zu problemlösungsorientiertem Dialog, Islamisten hätten allerdings eine ganz andere Agenda. Es sei sinnlos mit Extremisten verhandeln zu wollen.

Zudem wies Maaßen auf die problematische Rolle von Familien aus dem islamistischen Spektrum hin. Die Familie sei nämlich der Ort, an dem die Radikalisierung stattfinde. „4M sei die Kurzbezeichnung eines bestimmten Tätertyps: männlich, muslimisch, Misserfolge, Migrationshintergrund. Kindern werde Hass auf unsere Gesellschaft eingetrichtert, und wenn schon kein Hass, so doch ein Überlegenheitsgefühl gegenüber unserer Gesellschaft. Auch aus dem syrischen Bürgerkrieg zurückkehrende Familien seien problematisch für die Sicherheit in Deutschland, denn hier seien die Kinder einer Gehirnwäsche unterzogen worden. Der Staat müsse diese Familien im Blick behalten. Maaßen warnte davor, dass die Verachtung für die „Kuffar“ (Nicht-Muslime, aber auch Menschen muslimischen Glaubens, die sich nicht vollständig an der Scharia orientieren) auch in Terror münden könne.

Im Gespräch mit dem Publikum wies Maaßen darauf hin, dass man in Deutschland noch nicht begriffen habe, dass der Islam anders als die Kirchen strukturiert sei. „Den Islam“ gebe es überhaupt nicht. Bei seinen Reisen in die arabisch-islamische Welt, auf denen er über Deradikalisierung habe sprechen wollen, sei er bei seinen Kollegen auf Unverständnis gestoßen: Warum man sich die Freitagspredigten nicht zur Genehmigung vorlegen lasse, habe man ihn gefragt. Maaßens Folgerung: Muslime brächten ihre Art zu denken nach Deutschland mit, träfen hier aber nicht auf die ihnen aus ihrer Heimat bekannten Beschränkungen – und hätten hier „freie Fahrt“. Von der Verwendung des Begriffs „Islamophobie“ riet Maaßen ab, weil man damit der Strategie der Islamisten auf den Leim gehe. Man solle sie umgekehrt nicht mehr „füttern“. Am Ende ermahnte Maaßen die Politik, endlich zu handeln. Zwar sehe die Politik Handlungsbedarf, scheue sich aber davor, den politischen Preis für dieses Handeln zu bezahlen. Doch Nichtstun werde allerdings noch teurer werden, warnte er, und zwar nicht gemessen in Geld, sondern in der Gefährdung von Menschenrechten.